Produktentstehung und Produktentstehungsprozess (PEP)

Die Produktentstehung bzw. der Produktentstehungsprozess (PEP) ist oftmals auch unter Produktrealisierungsprozess, Produktentwicklungsprozess, Produktindustrialisierungsprozess, NPI-Prozess (New Product Implementation) oder NPL Prozess (New Product Launch) bekannt. Er beschreibt den Weg der Produktentstehung, also von der Produktidee bis zur Serieneinführung eines Produktes. Er beschreibt sämtliche Aktivitäten, welche notwendig sind um ein Produkt entsprechend seiner Anforderungen zu entwickeln und es unter qualitativen Rahmenbedingungen produzieren und letztlich liefern zu können.

Der PEP hat seinen Ursprung in der Automobilindustrie und leitet sich vom VDA Reifegradmodell ab. Zusätzlich orientiert er sich sehr stark am APQP Modell (Advanced Product Quality Planning). Er strukturiert den simultanen Ablauf der Produkt- und Prozessentwicklung, sowie die Implementierung des Fertigungsprozesses in die Produktionsumgebung inklusive der Betreuung des Produktions- und Lieferhochlaufs.

Die Ausprägung des PEPs kann unternehmensspezifisch stark variieren und hat unterschiedliche Anknüpfungspunkte im Prozessmodell. So kann es sein, dass der PEP eine starke Verschränkung mit dem Innovationsprozess, dem Vorentwicklungs- od. Konzeptentwicklungsprozess aber auch mit dem Vertriebsprozess hat. Im Auslauf kann es zu starken Verschränkungen mit dem Produktionsprozess kommen.

Der Produktentstehungsprozess orientiert sich an einem Phasenmodell dessen Prozessphasen zumeist von Prozess- oder Quality Gates unterteilt werden.

Typische Phasen der Produktentstehung

Hier sind einige Beispiele typischer Phasen des Produktentstehungsprozesses. Die Benennung der Phasen kann stark variieren und richtet sich an eine unternehmensspezifische Nomenklatur.

  • Konzeptphase
  • Design- und Entwicklungsphase
  • Erprobungsphase (Validierungsphase)
  • Prozessentwicklungsphase
  • Prozessrealisierungsphase
  • Produkt- und Prozessverifizierungsphase
  • Freigabephase
  • Anlaufphase / Produktionshochlauf

Eigenschaften der Produktentstehung

Der PEP hat die Eigenschaft, dass er fast alle Unternehmensbereiche einer entwicklungsorientierten Organisation involviert. Er bildet einen zentralen Leitfaden für die gesamte Entwicklungsorganisation und bildet sehr viele Schnittstellen zu Unternehmensfunktionen aber auch zu anderen Hilfsprozessen, was zugleich eine der größten Herausforderungen darstellt.

In den meisten Prozesslandkarten steht der PEP im Zentrum des Prozessmodells.

Folgende Prozesse haben üblicherweise direkte Schnittstellen zum PEP.

  • Konzept- bzw. Vorentwicklungsprozess
  • Vertriebs- und Angebotsprozess
  • Produktionsprozess
  • Projektmanagementprozess
  • Produktentwicklungsprozess
  • Änderungsmanagementprozess
  • Beschaffungsprozess
  • Produktfreigabeprozess
  • Supply-Chain Prozess

Produktentstehungsprozess vs. Projektmanagement

Der PEP wird oft in einem Atemzug mit Projektmanagement erwähnt, was zu Problemen führen kann. Auch wenn diese beiden Themen eng miteinander verschachtelt sind, handelt es sich hier um zwei unterschiedliche Disziplinen, welche auch getrennt von einander behandelt werden sollten.

Der Produktentstehungsprozess (PEP) definiert einen Standard für Ablauf und Aufgaben der Produktentstehung.

Das Projektmanagement regelt die Individualitäten eines Projektes und koordiniert die Bearbeitung der Aufgabenpakete.

Der PEP hat einen klaren Fokus auf die Produktrealisierung und beschreibt nur was zu tun ist. Er bildet somit die inhaltliche Grundstruktur eines Produktentwicklungsprojektes. Sämtliche individuellen Projektanforderungen müssen als Add-on betrachtet werden und finden sich üblicherweise nicht im PEP wieder.

Ein projektorientiertes Unternehmen braucht einen Projektmanagementprozess welcher allgemein gehalten ist und mit dem man alle Arten von Projekten abwickeln kann. Daher bringt eine zu starke Verschränkung der beiden Prozesse eher Probleme mit sich, als dass es dienlich ist. Der Projektmanagementprozess soll die Initiierung, die Planung, die Steuerung und den Abschluss von Projekten regeln, nicht aber die inhaltlichen Aspekte einer Produktentstehung.

Vorteile im Produktentstehungsprozess

Nachdem die Produktentstehung inhaltlich gut standardisierbar ist, macht es Sinn sämtliche Arbeitspakete in einen Prozess zu gießen. Folgende Vorteile ergeben sich aus dieser Standardisierung.

  • Bildung eines roten Fadens für die gesamte Organisation
  • Massive Effizienzsteigerung bei der Projektplanung
  • Klare Schnittstellenvereinbarungen
  • Bei dezentralen Organisationen, Verknüpfung von Prozessfunktionen mit örtlichen Organisationen
  • Möglichkeit der Ermittlung eines objektiven Produktreifegrads
  • Grundlage für Portfoliomanagement
  • Risikominimierung durch standardisierte Methoden
  • Implementierung einer kontinuierlichen Verbesserung

Prozessstruktur, Produktentwicklung und Prozessentwicklung

Der PEP untergliedert sich in zwei wesentliche Komponenten, welche unter den heutigen Zeitvorgaben einer Produktrealisierung simultan bearbeitet werden müssen.

Die Produktentwicklung umfasst alle Tätigkeiten, welche sich auf das eigentliche Produkt und seiner technischen Anforderungen beziehen. Darin enthalten sind Themen wie Produktspezifikation, -design, Methoden der Risikoanalyse, Funktionsabsicherung und Dauererprobung enthalten. Die Produktentwicklung liefert ein funktionsfähiges Produkt welches den Anforderungen des Kunden entspricht.

Die Prozessentwicklung umfasst den Fertigungsprozess, und dessen Implementierung in die Produktionsumgebung eines Fertigungsstandortes. Der Fertigungsprozess beginnt bei der Materialwirtschaft, der Beschaffung und Anlieferung der Zuliefermaterialien, deren interner Transfer bis zur Bereitstellung in der Fertigung und geht weiter mit der eigentlichen Verarbeitung (Fertigung, Montage), der Produktionssteuerung, der qualitativen Absicherung samt Freigabeprozeduren, der Verpackung bis hin zur Bereitstellung an der Laderampe für den Transport zum Kunden. Dieser Prozess muss konzipiert, dokumentiert und letztlich steuerbar realisiert werden. Die systemische Implementierung des Produktes in Produktionssysteme (ERP, CAQ , etc.) als auch die gesetzlichen Anforderungen an die Produktzulassung sollten an dieser Stelle nicht vergessen werden.

Sowohl der Produktentwicklung als auch der Prozessentwicklung ist ein kontinuierliches Anforderungsmanagement überlagert. Dies gewährleistet eines der Hauptziele des PEPs, nämlich eine systematische Erfassung, Überwachung und Bestätigung aller Produktanforderungen (technisch, qualitativ und gesetzlich).

Ermittlung Produktreifegrad

Nachdem die Produktentstehung einem gewissen Standard folgt, kann abhängig von der Prozessphase ein Produktreifegrad abgeleitet werden. Dies ist dienlich um objektiv den Fortschritt der Produktentstehung zu messen und um festzustellen ob man inhaltlich im Soll-Plan liegt.

Aus Sicht des Multiprojektmanagements macht es Projekte vergleichbar. Unabhängig von regelmäßigen subjektiven Projektreportings kann ein Portfoliomanager anhand des Produktreifegrads erkennen, welche Produktentstehungsprojekte verzögert oder risikobehaftet sind und welche Projekte Gefahr laufen, inhaltlich außer Kontrolle zu geraten.

Der Produktreifegrad wird üblicherweise im Zuge von Prozess oder auch Quality-Gates festgestellt, kann aber je nach Digitalisierungsgrad des Prozesses auch kontinuierlich erfasst werden. Wichtig hierfür ist, dass es eine unternehmensspezifische Soll-Vorgabe gibt, woran der Reifegrad gemessen wird.

Der Digitalisierung des Prozesses sind hier keine Grenzen gesetzt.

Ziele der Produktentstehung

Der Produktentstehungsprozess hat eindeutig das Ziel ein Produkt und dessen Herstellungsprozess so zu entwickeln, dass

  • es den Anforderungen des Kunden entspricht.
  • das Produkt mit einem entsprechenden Reifegrad an eine Produktion übergeben werden kann um es störungsfrei und wirtschaftlich produzieren zu können.

Dies bedingt

  • ein funktionsfähiges, robust entwickeltes validiertes Produkt ohne technischer Mängel.
  • gut entwickelte Lieferanten und eine entsprechende Anlieferqualität aller Zuliefermaterialien.
  • gut abgestimmte und optimierte logistische Rahmenbedingungen und Abläufe.
  • ausschussoptimierte und fehlerfrei laufende Fertigungs- und Montageprozesse.
  • definierte Produktionsrahmenbedingungen wie z.B. Sauberkeitsklassen.
  • eine vollständige Prozessdokumentation.
  • funktionierende und vollständig konfigurierte Produktionslenkungssysteme.
  • geschultes Produktionspersonal.
  • einen sorgfältig begleiteten Produktionshochlauf.
  • klare Verantwortungsübergaben.

Bedeutung und Mehrwert

Ein gut strukturierter Produktentstehungsprozess ist für den Markterfolg eines Produktes essentiell. Auf Grund des technologischen Fortschritts werden unsere Produkte und deren Herstellung immer komplexer, die dafür zur Verfügung stehenden Entwicklungszeiten werden immer kürzer und der Kostendruck immer höher.

Gepaart mit einer immer größer werdenden Methodenvielfalt und komplexer werdenden Organisationsstrukturen (dezentrale internationale Organisationen), bekommt der PEP eine immer größere Bedeutung um ein Produkt effizient, planbar in einer angemessenen Zeit, zu definierten Kosten realisieren zu können.

Ergänzend wird in den nächsten Jahren das Thema Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung eine immer größere Bedeutung erlangen. Auch hier bietet der PEP die perfekte Basis um die Themen Nachhaltigkeit, Ressourcen, Umweltbewusstsein prozessual zu berücksichtigen.

Wenn Sie beim Aufsetzen oder bei der Optimierung Ihres PEPs Unterstützung benötigen, so freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme.

Revolutionieren Sie Ihr PEP Kennzahlensystem!

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  • Wertschöpfung

    Weil der PEP neben der Produktion der zentrale Wertschöpfungsprozess ihres Unternehmens ist.

  • Nachhaltigkeit

    Weil im PEP ca. 80% des CO2 Footprints ihrer Produkte definiert werden. Er ist der Stellhebel zu Ihrer bevorstehenden Transformation.

  • Performance Indikator

    Weil der PEP fast alle Unternehmensbereiche berücksichtigt. Er repräsentiert am besten die Performance Ihrer Entwicklungsorganisation.

  • Kontinuierliche Verbesserung

    Weil es viel zu viele Kennzahlen gibt, welche uns keine Steuerung ermöglichen und Potentiale ungenutzt lassen

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